Ver­öf­fent­licht: 21.01.2023 | Aktua­li­siert: 24.01.2023 | Mit (*) sind Part­ner-Links gekenn­zeich­net, zum Bei­spiel zum sozia­len Buchhandel.

Ich lese alles, was ich von Saša Sta­nišić in die Fin­ger bzw. vor die Augen bekomme. Seit neu­es­tem auch Kin­der­bü­cher. (Gene­rell finde ich, Kin­der­bü­cher sind eigent­lich die, die zäh­len. Gute, rele­vante Kin­der­bü­cher zu schrei­ben, ist anspruchs­voll und ver­bun­den mit einer beson­de­ren Ver­ant­wor­tung – weil sie die klei­nen Men­schen, für die sie gedacht sind, nach­hal­tig prä­gen können.)Alles, was ich bis­her von Saša Sta­nišić gele­sen habe, hat meine Tage rei­cher macht. Vor­der­grün­dig: Weil ich mich vor Lachen auf dem Boden krin­gelte oder – wahl­weise – einen Kloß im Hals bekam. Auch, weil ich den Sound der Spra­che und den Rhyth­mus der Texte liebe. Jedes Mal aufs Neue. Selbst, wenn es um bran­den­bur­gi­sche Dör­fer geht („Ein­woh­ner­zahl: gerade“).

Hin­ter­grün­dig: Weil es Texte gibt, die mir hel­fen, meine Schmerz­punkte anzu­schauen. Weil sie offen­bar nicht nur meine sind. Im Roman »Her­kunft«* habe ich ganz viele davon wie­der­ge­fun­den. Zum Bei­spiel die puber­täre Scham, die ver­hin­derte, Schul­freunde nach Hause in unsere win­zige Woh­nung ein­zu­la­den. Da ist plötz­lich jemand, der meine Erfah­rung nicht nur teilt, son­dern sie auch so beschrei­ben, so in Worte fas­sen kann, wie mir das aus nach­vi­brie­ren­der Betrof­fen­heit noch immer nicht gelingt.

Mein Erstkontakt mit Saša Stanišić

Mein Erst­kon­takt war »Vor dem Fest«*, in der Bahn­hofs­buch­hand­lung in Hagen, vor Jah­ren. Hän­gen­ge­blie­ben ist mein eilig über die Buch­rü­cken strei­fen­der Blick am -ić. „Ach guck, ein Jugo, der auf Deutsch schreibt.“

Wenn du als Jugo in Deutsch­land auf­ge­wach­sen bist, dann macht das neu­gie­rig. Es gibt da nicht so viele, mit rich­ti­gem Ver­lag und so. Mir jeden­falls fal­len nicht mal drei ein, das kann aber auch an mir lie­gen. Es kommt mir so vor, als ob die meis­ten Jugos aus mei­ner Gene­ra­tion Spe­di­ti­ons­kauf­mann oder Indus­trie­kauf­frau gewor­den sind. Nichts gegen Kauf­leute, aber von denen fin­det man so sel­ten Romane in Buch­hand­lun­gen. Schon gar keine guten.

Von Saša Sta­nišić kann man hin­ge­gen lesen, was man will. Es ist immer gut. Sogar die Trööts. Beson­ders die vor­der­grün­dig absurden.

In der Bahn­hofs­buch­hand­lung habe ich in »Vor dem Fest« rein­ge­le­sen und mei­nen Zug ver­passt. Das pas­siert mir sehr, sehr sel­ten und ist bei Büchern mein per­sön­li­cher Qua­li­täts­in­di­ka­tor. Wenn ich die Zeit ver­gesse, ste­hen die Chan­cen gut, dass ich ein Buch mehr­fach lesen werde – und sich ein Kauf somit lohnt. (Ansons­ten gibt es für mich nur wenig Argu­mente, die es recht­fer­ti­gen, ein Buch zu besit­zen. Aus­lei­hen reicht in den aller­meis­ten Fäl­len. Meine Meinung.)

Nun also »Panda-Pand«

Wie­der ein Zufalls­fund, dies­mal in der ört­li­chen Stadt­bü­che­rei. Ich konnte nicht daran vor­bei­ge­hen, ohne es mit­zu­neh­men. Wahr­schein­lich habe ich jetzt ein Kind sei­nes Lese­fut­ters beraubt. Was mich trös­tet: nur für kurze Zeit. Das ist das Gute an öffent­li­chen Biblio­the­ken; wir lei­hen nur tem­po­rär aus, was uns gefällt. Wir brin­gen es zurück, damit auch andere es lesen kön­nen. Ein ein­zi­ges Buch dient als Kris­tal­li­sa­ti­ons­punkt für die Lese­er­fah­run­gen sehr, sehr vie­ler Men­schen. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Men­schen zu Hause über­haupt den Platz für ein Bücher­re­gal hät­ten oder das Geld, um Bücher zu kau­fen. Öffent­li­che Büche­reien sind etwas zutiefst sozia­les und ver­bin­den­des. Sie gehö­ren zu den ganz weni­gen kos­ten­lo­sen Auf­ent­halts­or­ten ohne Konsumzwang.

Sorry, ich schweife ab. Also:

»Panda-Pand«*, Unter­ti­tel: »Wie die Pan­das mal Musik zum Früh­stück hatten«.

Ich mache es kurz: Lesen. Unbe­dingt! Und die Illus­tra­tio­nen gucken. Auch unbe­dingt! Und beim Vor­le­sen die roten Kom­men­tare mit ver­stell­ter Stimme vor­tra­gen. Und die geniale Ver­schmel­zung von Bild und Text genie­ßen. Und Nicht-Peters unter­schied­lich große Ohren im Pipip­fo­ten­stand. Und dich vor Lachen auf dem Boden krin­geln – auch wenn du kein Kind mehr bist.

Feine Besonderheiten

Illus­tra­ti­ons­be­geis­ter­ten bie­tet der Carlsen-Ver­lag noch einen Bonus auf der Web­site: Im Video zeigt der Illus­tra­tor Gün­ther Jakobs, wie man einen Panda zeich­nen kann.

Außer­dem gibt es im Buch noch einen bemer­kens­wer­ten Epi­log (»Aus der Welt, in die Geschich­ten«). Der bie­tet, nicht nur zum Thema Arten­schutz, viele Anknüp­fungs­punkte. Geeig­net sowohl zum Wei­ter­den­ken, wenn man das Buch als Erwachsene:r für sich liest, als auch zum Wei­ter­spre­chen mit Kin­dern, die das Buch gele­sen oder vor­ge­le­sen bekom­men haben. 

Ich klappe das Buch zu und frage mich: Ist das wirk­lich ein Kinderbuch?

Ja, und zwar ein sehr, sehr gutes. Weil es Kin­der ernst nimmt. Weil es schlau ist, ohne klug­zu­schei­ßen. Weil es über­dreht ist und ehr­lich. Weil die Spra­che Witz hat und Ele­ganz. Ich finde es bes­ser geschrie­ben als so einige Erwach­se­nen­bü­cher. Mach das mal! 

Wel­che Gedan­ken hast du zum Buch oder zu mei­ner Lese­emp­feh­lung? Lass mir gerne einen Kom­men­tar unter die­sem Arti­kel da.❤

Hi, ich bin Viktoria

Ich bin Illus­tra­to­rin, Autorin und Dozen­tin. Ich erzähle mit Bildern.

Meine bevor­zugte Zei­chen­tech­nik ist die Skizze, meine liebs­ten Medien sind Tusche und Aqua­rell. Ich for­sche mit dem Stift in der Hand und liebe es, Men­schen, Gebäude, Orte, Hand­werk­li­ches und All­täg­li­ches zeich­nend zu dokumentieren.

Die Resul­tate sind gra­phi­sche Repor­ta­gen, häu­fig in Form von hand­ge­bun­de­nen Künstlerbüchern.

Hier im Blog schreibe ich über Dinge, die mich aktu­ell bewe­gen und zeige, was so alles in mei­nen Skiz­zen­bü­chern lan­det. Wenn du noch näher dran sein willst, auch für Ein­bli­cke zum aktu­el­len Gra­phic-Novel-Pro­jekt, dann hüpf gerne auf mei­nen News­let­ter.