Die Kunst der Whiskyherstellung
Graphische Reportage
Achttägiger Aufenthalt als Artist in Residence für eine Whisky-Manufaktur in Speyside, Schottland.
Davey ist dabei, die noch leeren Whiskyfässer zu beschriften. Jedes Fass bekommt seine eigene Nummer, die mit Schablone und Farbrolle aufgebracht wird. Besondere Fässer bekommen noch eine zusätzliche Markierung. Fass Nummer 529 trägt zum Beispiel als Kennung auch noch meinen Namen.😌
© Viktoria Cvetković
Whisky, der in Handarbeit entsteht
Die handwerkliche Herstellung von Single-Malt-Whisky gilt als Teil des schottischen Kulturerbes. Heutzutage produzieren die meisten Brennereien jedoch in industriellem Maßstab – mit automatisierten Systemen und sie arbeiten rund um die Uhr. Nicht so hier.
Diese graphische Reportage zeigt, wie eine handwerklich geführte Destillerie funktioniert. Drei Menschen arbeiten im Einschicht-Betrieb und kommen so auf eine Jahresproduktion von 100.000 Litern. Wir treffen uns morgens um 8 Uhr, gegen 16 Uhr ist Feierabend, die Wochenenden sind frei. Alles läuft rein in Handarbeit, ohne Automation und Computer. Angelegt als “Single-Estate”-Destillerie erfolgen alle Produktionsschritte auf dem wiederaufgebauten Gutshof: von der Erzeugung der Rohstoffe bis zum Abfüllen in die Flaschen. Beim gesamten Herstellungsprozess des Whiskys spielen die Fähigkeiten des Destillerie-Teams eine entscheidende Rolle.
In diesem Projekt verbindet sich die handwerkliche Attitüde des Teams mit meinem eigenen handwerklichen Ansatz des dokumentarischen Zeichnens vor Ort: Ich konzentriere mich darauf, die Handwerker in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich zu porträtieren und die Herstellung eines traditionellen Produkts Schritt für Schritt darzustellen, vom Korn bis zum Glas.
Die graphische Reportage wurde vom Spirit-of-Speyside-Whisky-Festival unterstützt und in der Gemeinde Ballindalloch sowie an der University of the Arts London | Central Saint Martins ausgestellt.
Das Maischen
Die Destillerie verwendet Getreide, das auf eigenen Feldern des Anwesens angebaut und von Bairds in Inverness gemälzt wird. In der Nähe des weiträumigen Areals befinden sich auch die Garline-Wälder, in denen aus sieben Bohrlöchern Wasser für die Brennerei gepumpt wird.
Die gemälzte Gerste wird in Walzenmühlen zu Grist gemahlen. Beim Mälzvorgang entsteht im Korn das Enzym Amylase, das in einer Ruhephase beim Maischen seine Arbeit verrichtet und die Stärke in verschiedene Zucker spaltet. Dafür wird die Mash Tun (Maischebottich) mit Grist gefüllt und dieser mit heißem Wasser übergossen. Anschließend wird der schwere Brei mit Schaufeln umgerührt, um die Auflösung des Zuckers im Wasser zu beschleunigen. Dreimal wird der Malzbrei in der Mash Tun mit Wasser ausgelaugt, bevor die Zuckerlösung durch einen Kühler auf 20 Grad Celsius gebracht wird.
Brian rührt in der Mash Tun. Dieser Maischebottich arbeitet mit einer Tonne Malz.
© Viktoria Cvetković
Die Fermentation
Die fertige, abgekühlte Zuckerlösung – »Wort« genannt – wird in Wash Backs (Gärbehälter) umgefüllt und mit speziellen Hefekulturen versetzt. Während der alkoholischen Gärung verwandeln die Hefestämme den Zucker in Alkohol und Kohlendioxid.
Die Wash Backs sind mit Deckeln versehen, damit keine Essigbakterien eindringen und der Gärschaum nicht überquillt. Zusätzlich muss in den Wash Backs regelmäßig gerührt werden, um den Schaum immer wieder kleinzuschlagen.
Ist die Gärung abgeschlossen, so hat das »Wash« (eine Art Bier), einen Alkoholgehalt von etwa 8 – 9 % und kann in die Brennblase umgefüllt werden. Die Gärvorgänge sind, bedingt durch die 5‑Tage-Woche, wie in etlichen anderen Brennereien auch unterschiedlich lang. Wöchentlich wird aus drei Wash Backs Würze entnommen, die 114 Stunden gärt und aus einem Wash Back Würze, die nur 66 Stunden lang fermentiert wurde. Da der »New Spirit« gemeinsam gesammelt wird, ergibt sich trotzdem eine konstante Qualität.
In vier Washbacks (Gärbehälter) aus Oregon-Pinienholz wird die Maische fermentiert.
© Viktoria Cvetković
Colin prüft regelmäßig, wie weit der Gärprozess in den Wash Backs ist.
© Viktoria Cvetković
Das Brennen (Destillieren)
Das Wash wird in die erste kupferne Brennblase, die Wash Still, gefüllt und erhitzt. Ab einer Temperatur von 78 °C beginnt der Alkohol zu sieden. Der Alkoholdampf steigt in dem sich verjüngenden Rohr nach oben und trennt sich so vom Wasser.
Über den Bogen (Neck) und das sich anschließende Rohr (Lyne Arm) wird der Dampf in einen Kondensator geleitet, der den Alkoholdampf wieder verflüssigt. Das Wasser bleibt überwiegend in der Wash Still zurück.
Wie in allen Single-Malt-Whisky-Brennereien werden auch hier zwei hintereinander geschaltete Brennblasen eingesetzt. Die Wash Still brennt den Alkohol auf etwa 20 bis 25 % vol. Alkohol. Das so entstandene Zwischenprodukt wird als Low Wines bezeichnet. Die Low Wines werden anschließend der zweiten Brennblase zugeführt, die Spirit Still genannt wird. Hier entsteht Alkohol mit 65 bis 70 % vol.
Gebrannt wird in einer 5.000 Liter fassenden Wash Still (rechts im Bild) und einer 3.600 Liter Spirit Still. Die Brennblasen wurden, wie auch die Mash Tun und die anderen Produktionsbehälter und ‑anlagen, von Forsyths gefertigt und installiert. Die beiden Brennblasen haben eine leicht unterschiedliche Form: Die Spirit Still ist mit einer zusätzlichen kleinen Auswölbung versehen, einem sogenannten Reflux Ball, die für zusätzlichen Rückfluss und dadurch erhöhten Kupferkontakt sorgt. Links im Bild ist der Spirit Safe, der bereits in der Cragganmore-Brennerei seinen Dienst tat.
© Viktoria Cvetković
Die Qualitätskontrolle
Die Ausgangsseite der Brennblasen ist staatlich verplombt, damit kein unversteuerter Alkohol entnommen werden kann. Um trotzdem die Qualität der Low Wines und des Spirits beurteilen zu können, werden die Leitungen durch den sogenannten Spirit Safe geleitet. In diesem aus poliertem Messing und Glas hergestellten Tresor wird die Qualität des Destillates begutachtet. Durch Ventile und Hebel kann der Flüssigkeitsstrom zurück in die Brennblase oder in die Sammelbehälter (Spirit Receiver) geleitet werden.
Dies alles geschieht allein durch optische Begutachtung und Messinstrumente. Im Sample-Abteil des Safes werden die Temperatur gemessen und Probengezogen, an denen mit Spindeln (Hydrometern) die Dichte des Destillats und damit der Alkoholgehalt bestimmen wird. Wichtig ist, den sogenannten Middle Cut sauber »herauszuschneiden« und dem Spirit Receiver zuzuführen. Dieses rechtzeitige Umstellen ist die wichtigste Aufgabe an dieser Stelle des Prozesses. Hier entscheidet sich maßgeblich die Qualität der Charge. Etwa 30 Minuten dauert es, bis der Vorlauf durchgelaufen ist. Anschließend wird für etwa 3 Stunden der Middle Cut abgezogen. Der anschließende Nachlauf wird der Spirit Still erneut zugeführt. Er enthält höhere Konzentrationen von Propanol, Isopropanol und Fuselölen.
Das Abfüllen in Fässer
Der Whisky wird aus dem Spirit Receiver direkt in die Fässer abgefüllt. Jedes Fass muss gesetzlich mit einer eindeutigen Nummer, dem Namen der Brennerei und dem Brennjahr gekennzeichnet werden. Dies wird hier traditionell mit Schablonen, Farbe und Walze gemacht.
Die Brennerei verwendet unterschiedlich große Fässer für die Lagerung: Barrell (158 Liter), Hogshead (250 Liter) und Butt (500 Liter). Die Lagerung erfolgt grundsätzlich in Eichenfässern, da nur Eichenholz atmungsaktiv und ausreichend beständig ist. Nadelholz beispielsweise ist harzhaltig und verklebt die Poren. Mit der Abfüllung des wasserklaren und farblosen Roh-Whiskys in Fässer ist die Herstellung des Single-Malt-Whiskys abgeschlossen. Es folgt die Reifung im Fasslager.
Laut Gesetz muss schottischer Whisky mindestens 3 Jahre und einen Tag im Fass reifen. Sehr gute Single-Malt-Whiskys lagern für 12 bis 21 Jahre. Da hier erst seit dem 22. September 2014 destilliert wird und der Anspruch ist, einen sehr guten Whisky zu produzieren, war zum Zeitpunkt meines Aufenthalts in der Brennerei noch keine Aussage zum Geschmack möglich.
Im Lagerhaus, das sich direkt auf dem Brennereigelände befindet, werden die gefüllten Fässer vor der Einlagerung gewogen. Nur ein Teil der Fässer lagert hier. Seit Mai 2015 reicht der Platz nicht mehr aus, sodass weitere Lagerhäuser genutzt werden, die sich in der Nähe von Glenfarclas befinden.
© Viktoria Cvetković
Brian ist für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und übernimmt die Verkostungen. Da es noch zu früh ist, Besuchern Whisky aus der neu aufgenommenen Produktion auszuschenken, werden in der Übergangszeit historische Whiskys verkostet, die im Schlosskeller der Eignerfamilie in verstaubten Flaschen lagern.
© Viktoria Cvetković
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