Veröffentlicht: 06.01.2024 | Aktualisiert: 09.02.2024
Die Idee hinter den Selbstportraits
Selbstportraits als Fingerübung habe ich immer wieder mal gemacht. Oft, wenn ich am Ende eines Tages noch nichts gezeichnet hatte, müde war und keine Lust hatte, mir noch irgendein Zeichenmotiv in der Wohnung zu suchen. (Aber auch für Tagebuch-Comics und Studien für mein Graphic-Novel-Projekt.)
Mich mit dem Skizzenbuch vor den Spiegel zu stellen, empfinde ich dann als einfacher. Da muss ich abends keine Entscheidung mehr treffen, was ich zeichnen will, mein Motiv blickt mir direkt entgegen. Und: Gesichter sind nicht zu simpel zu zeichnen (es bleibt trotz vielfacher Wiederholung interessant und herausfordernd), meines ist immer da und nicht beleidigt, wenn es sich mal nicht ähnlich sieht. Außerdem habe ich bei mir selbst keine Hemmungen, gestalterisch herumzuexperimentieren und dabei auch mal so richtig danebenzugreifen.
Seit Anfang 2024 zeichne ich wieder täglich Selbstportraits, als 366-Tage-Projekt.
Mit Spannung habe ich das Selbstportrait-Projekt von Silke Hüchel-Steinbach gelesen und angesehen. Silke beschreibt eine sehr lebendige Reise, bei der sich ein künstlerisches Vorhaben mit Selbstreflexion und Selbstakzeptanz verbindet. Leseempfehlung!
Mein Ansatz ist ein anderer – für mich sind es Experimente mit dem Zeichenmaterial, dem Erkunden von Linie und Fläche … und einem Motiv, das mir immer zur Verfügung steht (zumindest sobald irgendeine spiegelnde Oberfläche in der Nähe ist). Was ich bestätigen kann, ist aber, dass sich mit der Zeit Selbstakzeptanz einstellt, wenn man sich oft genug zeichnet. Dass meine Mundwinkel nicht auf gleicher Höhe sind, hat mich auf Fotos immer gestört. Und nun? Finde ich es zeichnerisch interessant. Es lädt mich ein, genauer hinzuschauen, um diesen Unterschied möglichst gut abbilden zu können.
Und es macht schlichtweg Spaß, diese schiefe Wellenlinie aufs Papier zu bringen.
Selbstportraits von Anfang 2024 © Viktoria Cvetković
Gezeichnete Selbstportraits: Wie wichtig ist Ähnlichkeit?
Da es primär Experimente mit Zeichenmaterial und Gestaltungsmöglichkeiten sind, steht eine möglichst große Ähnlichkeit für mich bei diesem 366-Tage-in-2024-Projekt nicht im Vordergrund. Erfahrungsgemäß ergibt sich Ähnlichkeit in meinen Skizzen, wenn ich präzise genug hinschaue. Das hat viel mit Konzentration zu tun, kann also sowohl bei sehr schnellen Skizzen eintreten, als auch, wenn ich mir eine Stunde Zeit dafür nehme. Der Grad der Ähnlichkeit dokumentiert hier also eher Stimmungen und innere Zustände. Je müder und unkonzentrierter ich bin, desto unähnlicher wird mir das Selbstportrait. Unter diesem Gesichtspunkt *Wortspiel nicht beabsichtigt* könnte man diese Serie auch Selbstnotizen nennen. (Danke an Silke für diesen tollen Begriff dafür!)
Apropos Gesichtspunkte: Die unterschiedlich hohen Mundwinkel helfen tatsächlich dabei, Ähnlichkeit in der Zeichnung herzustellen. Das ist nicht anders, als wenn ich andere Menschen zeichne. Puppenhafte Gesichter interessieren mich nicht; reizvoll finde ich, wenn markante Merkmale vorhanden sind. Wie bei dieser unfassbar freundlichen Frau, der ich zufällig bei einer Bahnfahrt begegnet bin (und der ich im Stillen aufgrund ihrer Optik unfassbare Strenge unterstellt hatte, bevor wir ins Gespräch gekommen sind):
Portrait einer Mitreisenden im Zug. Sie hat ein tolles Profil mit reichlich markanten Merkmalen. Das hat es mir leichter gemacht, eine hohe Ähnlichkeit mit wenigen Strichen zu erzielen.
© Viktoria Cvetković
Gezeichnete Selbstportraits als Selbstnotizen in 2024
Im Folgenden nun also eine »Selfie Wall« der besonderen Art: An jedem Tag in 2024 werde ich ein Selbstportrait zeichnen und in regelmäßigen Abständen hier veröffentlichen. Dieser Artikel wird also immer weiter wachsen, befüllt mit neuen Skizzen aus den jeweiligen Monaten. Den Begriff Selbstnotiz habe ich mir übrigens auch von Silke Hüchel-Steinbach geliehen. (Danke dafür!)
Das Datum der letzten Aktualisierung erscheint immer auch in der Vorschau des Artikels in der Blogübersicht.
Los geht’s!
Selbstportraits Januar 2024
Die Selbstportraits als Einzelbilder…
… mit mehr Details und Notizen zum verwendeten Zeichenmaterial (und ggf. auch Phasenfotos, wenn ich Zeichnungen schichtweise aufbaue), findest du im Artikel aus dem Januar 2024.
Du bist am Ende dieses Artikels angekommen. Wir können aber weiter in Kontakt bleiben:
Freust du dich so sehr über Post wie ich? Dann hüpf auf meinen Newsletter! Ich nutze diesen Blog als Online-Tagebuch für ausgewählte Beiträge. Aber nicht alle Gedanken gehören öffentlich ins Netz. 😉
Persönlicheres teile ich lieber per Mail mit dir.
Hier kommst du zu meinem internen Verteiler und bleibst auf dem Laufenden:
Hi, ich bin Viktoria.
Ich bin Zeichnerin, Autorin und Dozentin. Ich erzähle mit Bildern.
Meine bevorzugte Zeichentechnik ist die Skizze, meine liebsten Medien sind Tusche und Aquarell. Ich forsche mit dem Stift in der Hand und liebe es, Menschen, Gebäude, Orte, Handwerkliches und Alltägliches zeichnend zu dokumentieren.
Die Resultate sind graphische Reportagen, häufig in Form von handgebundenen Künstlerbüchern.
Hier im Blog schreibe ich über Dinge, die mich aktuell bewegen und zeige, was so alles in meinen Skizzenbüchern landet. Wenn du noch näher dran sein willst, auch für Einblicke zum aktuellen Graphic-Novel-Projekt »Luftwurzeln«, dann hüpf gerne auf meinen Newsletter.
Liebe Viktoria, ich bin begeistert und liebe deinen Ansatz. Beeindruckende Portraits und so vielfältig wie du. Da kommt schon der Gedanke: wer bin ich und wenn ja, wieviel. Ich freue mich auf mehr.
Herzliche Grüße Silke
Liebe Silke,
vielen Dank für deinen sehr wertschätzenden Kommentar! Ich bin selbst gespannt, wohin sich das entwickeln wird.
Herzliche Grüße
Viktoria